Familie Ritchie

Ein ausgesprochen feines Gespür für soziale Situationen begegnet uns in der Serie „Familie Ritchie“. Jana Ritchie, die Älteste von drei Schwestern, zeichnet mit unterschiedlichen Kameras eine anschauliche Sozialstudie ihrer eigenen Familie, die sich rasch als reiner Frauenhaushalt entpuppt: Mutter Swenja umringt von Ina, Lilli und Jana, der Fotografin. Swenja tritt als alleinerziehende Mutter, und, bereits alleine deswegen, als emanzipierte Frau ins Bild – gehört doch zum tradierten Idealbild einer Familie nach wie vor ein (Ehe-)Mann und Vater. Aus der Makroperspektive ist Jana Ritchies Projekt folglich ein selbstbewusster Gegenentwurf zu herkömmlich gedachten Familienkonstellationen.

In der Mikrostruktur entfaltet sich in 12 Familien- und 32 Einzelportraits ein differenziertes Psychogramm aller Beteiligten. Gewähren die Aufstellungen des Vierer- oder Dreiergespanns ungeschönte Einblicke in das familiäre Beziehungsgeflecht, werfen die Einzelaufnahmen Schlaglichter auf Eigenheiten und Nuancen der Charaktere. Angelegt als Langzeitstudie wird Familie Ritchie zu einem Archiv, einem familiären Gedächtnis, in das der jeweilige Status quo fortlaufend eingeschrieben und als potentieller Zeitspeicher jederzeit wieder abgerufen und gelesen werden kann.